Als PM habe ich im Rahmen des Agile-Frameworks verschiedene Möglichkeiten, Kundenfeedback zu meinem Produkt einzuholen. Ich kann beispielsweise Kundeninterviews, Umfragen und Supportanfragen nutzen. Eine weitere Methode, von der du wahrscheinlich schon gehört hast, ist der NPS.
Solltest du ihn noch nicht kennen: NPS steht für Net Promoter Score. NPS ist eine Kennzahl zur Kundentreue, die beziffert, wie Kunden dein Produkt finden und was du dafür tun kannst. Er ist ein ausgesprochen wertvoller Kundenfeedbackmechanismus für Produktmanager wie mich, die an Produkten arbeiten, für die eine gute Mundpropaganda zur Verbreitung von wesentlicher Bedeutung ist. Der Vorteil von NPS gegenüber anderen quantitativen Tools zur Messung der Kundenzufriedenheit wie z. B. Zufriedenheitsumfragen ist das sehr viel einfachere schnelle Sammeln von Feedback für konsistente, messbare Ergebnisse. Es wird nur eine Frage gestellt und die Kennzahl kann mit der anderer Produkte verglichen werden.
In diesem Artikel erfährst du, wie der NPS nicht nur als Kennzahl, sondern auch als leistungsstarkes Tool zur Priorisierung von Features in deinem Softwareteam genutzt werden kann.
Eine kurze Einführung zum NPS
Eine NPS-Umfrage besteht aus nur einer einfachen Frage: "Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie
So sieht dies in einem Atlassian-Produkt aus:

Sobald du in deiner NPS-Umfrage eine aussagekräftige Anzahl an Antworten gesammelt hast, teilst du die Antworten in drei Gruppen ein: Promotoren (9–10), Passive (7–8) und Detraktoren (0–6).
Der NPS ergibt sich nun aus der Differenz zwischen der Prozentzahl an Promotoren und Detraktoren. Wenn sich beispielsweise unter 100 Befragten 40 Promotoren, 25 Passive und 35 Detraktoren befinden, errechnet sich der NPS folgendermaßen: (40 % - 35 %) = +5 %. Der Wertebereich des NPS liegt zwischen -100 % und +100 %.
Hier bei Atlassian wird unser gesamtes Handeln vom Kundenfeedback bestimmt. Der NPS ist eine der wichtigsten Metriken, um zu verstehen, wie unsere Kunden unsere Produkte finden. Trotzdem ist der NPS nur eine Nummer, aus der nicht zu erkennen ist, warum ein Kunde zufrieden oder unzufrieden mit dem Produkt ist.
Darum bitten wir um Feedback, nachdem die Punktzahl gewählt wurde.

Wir nennen diese Rückmeldungen "ausführliche Antworten", und hier wird es nun interessant. Mit den folgenden Schritten ergeben sich aus diesem Feedback aussagekräftige Einblicke.
Schritt 1: Kategorisierung der NPS-Wortlaute
Wir erhalten jeden Monat Tausende Wortlaute. Zur optimalen Nutzung unseres gesamten Kundenfeedbacks kategorisieren wir die Wortlaute automatisch (mithilfe von Textanalyse) in bestimmte Themes. Auf diese Weise gelangt das Feedback zu den Teams, die den größten Nutzen aus diesem Feedback ziehen können.
Wenn du als Produktmanager bestimmte Anwendungsfälle oder Problembereiche identifizieren möchtest, musst du keine extravagante Software kaufen, erstellen oder erlernen. Du kannst die Wortlaute auch einfach selbst lesen und kategorisieren.
Es kann für dein Team sehr gewinnbringend sein, Wortlaute selbst zu lesen und manuell zu klassifizieren. Du wirst schnell einen Einblick darin erhalten, was deine Kunden glücklich oder unzufrieden macht. Die Wortlaute können sogar deine Sichtweise auf ein Problem oder Feature verändern.
Sehen wir uns ein paar Wortlaute an, die wir zu Confluence, dem Atlassian-Produkt für Teamzusammenarbeit, erhalten haben, und wie wir sie in unserem Feature-Priorisierungsprozess verwenden.
"Ich liebe euch und Confluence … unsere Produktivität ist ins Unermessliche gestiegen … Danke … Danke an euer Produktmanagement und eure Entwickler, ihr habt eine herausragende Anwendung erstellt."
Ticketbearbeitung

"NÜTZLICHE FUNKTIONEN, ABER SCHWIERIG ZU VERWENDEN. (GUTE) FORMATIERUNG IST SCHWIERIG."
Ticketbearbeitung

Die erste ausführliche Antwort freut uns natürlich, sie enthält jedoch keine aussagekräftigen Informationen. In der zweiten ausführlichen Antwort dagegen wird ein Aspekt erwähnt, der den Kunden frustriert. Wir können sie mit den Labels "Benutzerfreundlichkeit" und "Formatierung" taggen. In einer Kalkulationstabelle (oder DB) kann dies folgendermaßen dargestellt werden:
NPS-Punktzahl | Wortlaut | Benutzerfreundlichkeit | Formatierung |
---|---|---|---|
5 | Nützliche Funktionen, aber schwierig zu verwenden. (Gute) Formatierung ist schwierig. | 1 | 1 |
Sehen wir uns eine weitere an:
"DIE TABELLEN HABEN KEINE AUSREICHENDEN FUNKTIONEN – ICH MUSS HIN UND WIEDER DIE MÖGLICHKEIT HABEN, SPALTEN AUSZUSCHNEIDEN UND EINZUFÜGEN."
SOFTWAREENTWICKLER

Wir fügen den Wortlaut und zwei neue Labels hinzu:
NPS-Punktzahl | Wortlaut | Benutzerfreundlichkeit | Formatierung | Tabellen | Tabellen – Ausschneiden/Einfügen von Spalten |
---|---|---|---|---|---|
5 | Nützliche Funktionen, aber schwierig zu verwenden. (Gute) Formatierung ist schwierig. | 1 | 1 | ||
8 | Die Tabellen haben keine ausreichenden Funktionen – ich muss hin und wieder die Möglichkeit haben, Spalten auszuschneiden und einzufügen. | 1 | 1 |
Beim Hinzufügen weiterer ausführlicher Antworten fügen wir nach Bedarf neue Labels hinzu und benennen sie entsprechend. Grundsätzlich fügen wir keine Labels für positives Feedback hinzu! Wenn eine ausführliche Antwort lautet: "Die Tabellenfunktionen sind super! Aber Confluence sollte schneller sein", dann erhält sie das Label "Leistung", aber nicht "Tabellen".
Schritt 2: Analyse der Ergebnisse
Du hast also Unmengen an Wortlauten klassifiziert, aber wie findest du nun heraus, woran sinnvollerweise gearbeitet werden sollte? Bei Atlassian richten wir uns nach der Menge und der Kundenstimmung bezüglich bestimmter Erfahrungen. Die Kombination dieser beiden Aspekte hilft uns bei der Analyse der NPS-Wortlaute.
Wenn du dich für eine manuelle Kategorisierung entschieden hast, haben wir hier ein paar hilfreiche Tipps, wie du die einträglichsten Chancen ermittelst und ein Produkt erstellst, das die Kunden begeistert.
Im ersten Schritt werden die Einträge der jeweiligen Feedbackkategorien gezählt.
Nehmen wir an, wir haben folgende Zahlen:
Kategorie | Insgesamt |
---|---|
Leistung | 90 |
Tabellen | 60 |
Tabellen – Ausschneiden/Einfügen von Zeilen | 20 |
Tabellen – Spaltenbreite | 30 |
Benutzerfreundlichkeit | 50 $ |
Formatierung | 45 |
Neue Features | 25 |
Gleichzeitiges Bearbeiten | 20 |
Wenn wir nun die Unterkategorien (vorübergehend) entfernen und die Kategorien erneut anordnen, werden unsere obersten Prioritäten schnell deutlich:
Kategorie | Insgesamt |
---|---|
Leistung | 90 |
Tabellen | 60 |
Benutzerfreundlichkeit | 50 $ |
Formatierung | 45 |
Neue Features | 25 |
Gleichzeitiges Bearbeiten | 20 |
Ohne weitere Informationen scheint die Sache klar, dass Leistung oberste Priorität hat, da wir hierzu die meisten Kommentare erhalten haben. Aber liegt hier wirklich die größte Chance für uns? Wird die Verbesserung der Leistung den Kunden wirklich den meisten Wert bieten?
Um diese Fragen besser zu beantworten, können wir die NPS-Punktzahlen für jede Kategorie berechnen:
Kategorie | Insgesamt | NPS |
---|---|---|
Leistung | 90 | 30 |
Tabellen | 60 | -30 |
Benutzerfreundlichkeit | 50 $ | -10 |
Formatierung | 45 | -5 |
Neue Features | 25 | 25 |
Gleichzeitiges Bearbeiten | 20 | 20 |
Obwohl Leistung häufig erwähnt wurde, ist die NPS-Punktzahl relativ hoch. Wenn wir uns mit all unseren Ressourcen auf die Leistung konzentrieren würden, würden wir die NPS-Punktzahl insgesamt wahrscheinlich kaum verbessern. Das Hinzufügen Neuer Features wird hier ebenfalls kaum etwas bewirken. Es sieht jedoch so aus, also ob viele Benutzer unzufrieden mit den mangelnden Funktionen in den Tabellen und frustriert von der schlechten Benutzerfreundlichkeit sind.
(Anmerkung: Sei vorsichtig beim Ziehen von Schlussfolgerungen aus kleinen Stichprobenumfängen! Die obigen Zahlen sind nur als Beispiel gedacht und hätten in der Realität eine beträchtliche Fehlerspanne.)
Schritt 3: Ordnen von Prioritäten
Du hast deine Wortlaute klassifiziert und die bedeutendsten Chancen ermittelt. Auch wenn direktes Kundenfeedback äußerst nützlich ist, ist es nur ein Aspekt, den wir mit anderen Kundendaten (Umfragen, Produktfeedback, Supportkontakte, Abwanderungsfeedback usw.) abgleichen sollten, damit wir sicher sein können, die wichtigsten Punkte zu verbessern. Die NPS-Daten liefern dir gute Argumente zur Priorisierung der Features in deinem Backlog, aber du wirst aus ihnen nicht einfach ablesen können, woran du als nächstes arbeiten musst – sie sind nur eine Anregung unter vielen anderen.
Nun zum schwierigen Teil: die Suche nach einer Lösung und deren Implementierung.
Gute Neuigkeiten! Du verfügst bereits über einen Stapel an Kundenzitaten, die dir dabei helfen sollten, das Problem zu verstehen. Vielleicht hast du sogar Kunden, die du über deine Feature-Anfrage um ein Interview bitten kannst. NPS hilft dir nicht nur beim Priorisieren deines Feature-Backlogs, die schriftlichen Wortlaute helfen dir darüber hinaus bei der Definition des Kundenproblems. Diese Kombination aus einer messbaren Kennzahl und Kundenfeedback ist pures Gold für einen Produktmanager.