Was ist ein Kanban Board?

Hier erklären wir dir, wie du ein Kanban Board erstellst, und zeigen dir Beispiele von Atlassian und anderen Anwendern.

Max Rehkopf Von Max Rehkopf
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Ein Kanban Board ist ein agiles Projektmanagement-Tool, mit dem du deine Aufgaben visualisieren, laufende (WIP-)Aufgaben begrenzen und die Effizienz steigern bzw. den Workflow optimieren kannst. Es kann Agile- und DevOps-Teams helfen, ihre tägliche Arbeit zu strukturieren. Mithilfe von Karten, Spalten und kontinuierlicher Verbesserung in Kanban Boards wird Technologie- und Serviceteams genau das richtige Arbeitsvolumen zugeteilt, damit Aufgaben zum Abschluss gebracht werden können.

Kanban hat sich einen langen Weg von der schlanken Produktion zu einer kleinen, aber einflussreichen Gruppe von Kanban-Enthusiasten gebahnt. David Andersons Definition der Kanban-Methode hat dazu beigetragen, diesen Ansatz in der Software- und Servicewelt zu etablieren, und dank Personal Kanban von Jim Benson und Tonianne DeMaria findet Kanban auch in anderen Bereichen Anwendung, die man nicht für möglich gehalten hätte.

Beispiel eines Kanban Boards

Ich verwende Kanban Boards jeden Tag und könnte gar nicht mehr darauf verzichten. Die Ideen und Best Practices hier haben sich aus meinen persönlichen Erfahrungen, Recherchen und Gesprächen mit Zach Nies, Keith Nottinson und Jim Benson ergeben.

Wegen der Kanban-Werte und der (überraschenden) Abwesenheit von Regeln komme ich immer wieder auf Kanban zurück. Die aktive Beteiligung der Mitarbeiter und eine kontinuierliche Verbesserung sind wichtige Werte in Kanban.

Elemente eines Kanban Boards

Nach David Anderson können Kanban Boards in fünf Komponenten unterteilt werden: visuelle Signale, Spalten, Work-in-Progress-Grenzen, einen Zusage- sowie einen Lieferpunkt.

Elemente eines Kanban Boards
  1. Visuelle Signale: Eines der auffallendsten Merkmale von Kanban Boards sind die visuellen Karten (Haftnotizen, Tickets oder anderes). Kanban-Teams notieren alle ihre Projekte und Aufgabenelemente auf Karten (üblicherweise ein Projekt/Element pro Karte). Bei Agile Teams könnte jede Karte für eine User Story stehen. Auf dem Board helfen diese visuellen Signale den Teamkollegen und Stakeholdern, schnell zu verstehen, woran das Team arbeitet.
  2. Spalten: Ein weiteres typisches Element von Kanban Boards sind die Spalten. Jede Spalte steht für eine bestimmte Aktivität. Zusammen bilden sie einen sogenannten "Workflow". Die Karten durchlaufen den Workflow bis zum Abschluss. Workflows können ganz einfach sein ("Zu erledigen" > "In Arbeit" > "Abgeschlossen"), aber auch sehr komplex.
  3. WIP-Grenzen (Work-in-Progress-Grenzen): Eine WIP-Grenze gibt vor, wie viele Karten sich maximal gleichzeitig in einer bestimmten Spalte befinden dürfen. Eine Spalte mit einem WIP-Limit von drei Karten darf nicht mehr als drei Karten enthalten. Wenn das Maximum für die Spalte erreicht ist, muss sich das Team über diese Karten beraten und sie im Workflow weiterschieben, bevor neue Karten in diese Phase des Workflows übergehen können. Diese WIP-Grenzen sind entscheidend, um Engpässe im Workflow aufzudecken und den Ablauf zu optimieren. WIP-Grenzen sind ein frühes Warnsignal, wenn das Team sich zu viel Arbeit vorgenommen hat.
  4. Commitment-Punkt: Kanban-Teams pflegen oft ein Backlog für ihr Board. Dort halten Kunden und Teamkollegen Ideen für Projekte fest, die das Team aufgreifen kann, wenn es soweit ist. Der Commitment-Punkt ist der Moment, in dem eine Idee vom Team aufgenommen wird und die Arbeit am Projekt beginnt.
  5. Auslieferungspunkt: Der Auslieferungspunkt bildet das Ende des Workflows eines Kanban-Teams. Für die meisten Teams ist der Auslieferungspunkt dann erreicht, wenn das Produkt oder der Service an den Kunden übergeben wurde. Das Ziel des Teams ist es, die Karten so schnell wie möglich vom Commitment-Punkt zum Auslieferungspunkt zu verschieben. Die verstrichene Zeit zwischen den beiden Punkten wird als "Vorlaufzeit" bezeichnet. Kanban-Teams verbessern sich kontinuierlich, um ihre Vorlaufzeit so weit wie möglich zu verkürzen.

Ein Kanban Board, das diese fünf Elemente umfasst, ist sicherlich ein Erfolgsgarant für dein Team. Doch jetzt möchte ich auch den entgegengesetzten Standpunkt beleuchten.

Jim Benson sagt, in Kanban gebe es nur zwei Regeln: das Begrenzen der Work-in-Progress und das Visualisieren der Arbeit. Wenn du zuerst nur diese Regeln auf deine Arbeit anwendest, wird dein Kanban Board ganz anders aussehen als beschrieben. Und das ist auch in Ordnung! Jim Benson empfiehlt, mit nur zwei dieser Regeln zu beginnen, denn "je mehr Regeln man hinzufügt, desto weniger Kontexte sind dafür geeignet".

Arten von Kanban Boards und Beispiele

Kanban kann an zahlreiche Umgebungen angepasst werden: von der Fertigungsindustrie über das Personalwesen bis hin zur Softwareentwicklung nach Agile- und DevOps-Prinzipien. Die Umgebung, auf die die Kanban-Methode zugeschnitten werden soll, bestimmt oft, ob es ein physisches oder ein digitales Board gibt. Bei meiner Recherche fand ich heraus, dass ein 58-Million-Dollar-Auftrag im Baugewerbe mit einem physischen Board von einem Bauwagen aus organisiert wurde. Ich habe aber auch sehr viele Softwareteams getroffen, die digitale Kanban Boards nutzen.

Physische Boards

Die einfachste Form des Kanban Boards sind physische Boards, die in vertikale Spalten unterteilt sind. Teams hängen ein Whiteboard oder eine Tafel auf und bringen Notizzettel daran an. Diese Zettel veranschaulichen den Fortschritt, indem sie den Workflow durchlaufen.

Beispiel eines physischen Kanban Boards

Physische Boards haben den Vorteil, dass sie immer "angezeigt werden". Man kann keinen neuen Tab auf einem riesigen drehbaren Whiteboard öffnen, das direkt neben dem Schreibtisch steht. Physische Boards lassen sich einfach aufstellen, können anderen ganz leicht gezeigt werden und sind oft die bessere Form der Kommunikation mit bestimmten Teams. Allerdings sind sie in manchen Fällen keine ideale Lösung, etwa für Remoteteams oder Leute mit unleserlicher Handschrift, wie beispielsweise mich.

Optimizely entwickelt Software, mit der Unternehmen herausfinden können, welche Varianten einer Webseite oder eines Produkts Benutzer am besten gefallen. Mit Jira verfolgt Optimizely kleine und große Aufgabenelemente. Doch Keith Nottonson, Senior Director of Development, stieß auf eine Lücke.

Einzelne Teams plauderten in Jira, kommunizierten aber nicht miteinander. Keith Nottonson wollte alle auf denselben Stand bringen und stellte ein riesiges physisches Kanban Board auf, "die Aufgabenwand".

Beispiel eines physischen Kanban Boards

Auf dem Board wurden sämtliche aktuellen Projekte des Engineering-Teams für alle dargestellt, einschließlich Messgrößen, Teammitgliedern und Status, sodass jeder die gesamte Palette an Aufgaben besser verstehen konnte. Doch es kam noch ein interessanterer Vorteil zum Vorschein.

An der Aufgabenwand gab es zuerst nur die Status "Zu erledigen", "Wird erledigt" und "Erledigt". Doch im Laufe der Zeit sprach man auch darüber, wie Aufgaben erledigt werden, sagt Keith Nottonson. Er berichtet, dass es diesen Gesprächen zu verdanken sei, dass die Wand innerhalb einiger Wochen größer wurde und sich weiterentwickelte. So konnte Optimizely eine klarere Vorstellung denn je von der Arbeitsweise seiner Mitarbeiter gewinnen.

Das Besondere am Board von Optimizely sind der Zusage- und Lieferpunkt. Sobald ein Projekt genau definiert ist und bestimmte Kriterien erfüllt, greift ein Engineering-Team das Projekt auf und sagt zu, die entsprechenden Aufgaben zu erledigen. An diesem Punkt wird das Projekt in Jira eingebunden, sodass alle interessanten Daten und Interaktionen, die für die finale Lieferung relevant sind, erfasst werden können.

Keith Nottonson empfiehlt Teams, mit einem physischen Kanban Board zu beginnen, da die anfänglichen Gespräche helfen, den Workflow und das Board schnell weiterzuentwickeln.

Digitale Boards

Als Software- und Engineering-Teams Gefallen am Kanban-System fanden, machten Kanban Boards eine digitale Transformation durch. Mit digitalen Boards können Teams, die physisch nicht am selben Ort arbeiten, Kanban Boards remote und asynchron verwenden.

Beispiel eines Trello-Kanban Boards

Trello bietet eine schnelle und einfache Möglichkeit zum Erstellen digitaler Kanban Boards. Bei der Einrichtung sind nur wenige Klicks nötig, um digitale Listen zu erstellen, die die einzelnen Phasen deines Kanban-Prozesses darstellen. Die Board-Ansicht ist für dein gesamtes Team zugänglich und kann von allen verwaltet werden.

So kannst du beispielsweise die Listen "Backlog", "Als Nächstes", "In Bearbeitung" und "Erledigt!" erstellen. Jede Aufgabe wird in Form einer Karte organisiert, die in einer Warteschlange stehen, abgearbeitet und abgeschlossen werden kann und dabei die einzelnen Listen durchläuft.

Die Vorteile eines solchen digitalen Kanban Boards sind die schnelle Einrichtung, das einfache Teilen mit anderen und die Möglichkeit, eine unbegrenzte Zahl an Gesprächen und Kommentaren im Verlauf des Projekts asynchron zu verfolgen. Teammitgliedern wird im Kanban Board jederzeit der aktuelle Projektstatus angezeigt. Darüber hinaus kannst du sogar für deine persönlichen Aufgaben einen Trello-Kanban-Workflow nutzen, wie dieses Beispiel-Board zeigt.

Manche digitalen Kanban Boards sind einfach aufgebaut, andere hingegen sind umfassender und individuell anpassbar. Für Teams, die zusätzliche Funktionen wie WIP-Grenzen und Kontrolldiagramme benötigen, ist ein leistungsstärkeres Tool wie Jira besser geeignet. Jira ist sofort einsatzbereit und bietet dir eine Kanban Board-Vorlage, mit der ein Kanban-Team im Handumdrehen startklar gemacht ist. Das Team kann sich gleich auf das Projekt stürzen und seinen Workflow und sein Board anpassen, WIP-Grenzen festlegen, Swimlanes erstellen und sogar einen Backlog aktivieren, falls es seine Arbeit besser priorisieren will.

Beispiel für eine Jira-Kanban-Vorlage

Kanban Boards vs. Scrum Boards

Der Unterschied zwischen Kanban und Scrum ist eigentlich sehr subtil. Im Allgemeinen heißt es, dass Scrum-Teams ein Kanban Board verwenden, das nur Scrum-Prozesse, Artefakte und Rollen umfasst. Es gibt aber auch zentrale Unterschiede.

  • Scrum-Sprints haben Anfangs- und Endtermine, während Kanban ein fortlaufender Prozess ist.
  • Teamrollen sind in Scrum klar definiert (Produktinhaber, Entwicklerteam und Scrum Master), wohingegen Kanban keine formalen Rollen vorsieht. Beide Teams organisieren sich selbst.
  • Ein Kanban Board wird über den gesamten Lebenszyklus eines Projekts hinweg verwendet, während ein Scrum Board nach jedem Sprint gelöscht und neu befüllt wird.
  • In einem Scrum Board ist die Anzahl der Tasks festgelegt, die bis zu einem bestimmten Termin abzuschließen sind.
  • Was Tasks und Zeitvorgaben angeht, sind Kanban Boards flexibler. Hier können Tasks bei Bedarf neu priorisiert, neu zugewiesen und aktualisiert werden.

Kanban und Scrum sind bei Softwareentwicklern gleichermaßen beliebte Agile-Frameworks. Mehr dazu erfährst du in unserer vollständigen Gegenüberstellung von Kanban und Scrum.

Erste Schritte mit Kanban Boards

Kanban ist eine Methode, bei der du mit deiner gewohnten Vorgehensweise beginnst. Das heißt, du musst nicht alles über Bord werfen, um in Kanban einzusteigen. Die Kanban-Methode geht von drei Punkten aus:

  1. Du übernimmst die aktuellen Prozesse so wie sie derzeit gehandhabt werden und berücksichtigst vorhandene Rollen, Zuständigkeiten und Jobfunktionen.
  2. Du verfolgst eine kontinuierliche Verbesserung durch schrittweise Veränderungen.
  3. Du unterstützt Führungsverhalten auf jeder Ebene, von einzelnen Mitarbeitern bis hin zum Senior Management.

Das Ganze ist ein Teamprozess. Deshalb solltet ihr euch zuerst einmal zusammensetzen, um eure Arbeit in einzelne Aktivitäten zu unterteilen, die den Workflow (Spalten) bilden. Dann könnt ihr euch überlegen, wie und wann dem Board neue Aufgaben (Karten) hinzugefügt werden. Wollt ihr mit einem Servicedesk arbeiten, über den Kunden Ideen einreichen, oder wollt ihr ein Meeting ansetzen, um gemeinsam Karten zu verfassen und zu veröffentlichen?

Außerdem solltet ihr die Größe und den Umfang einer Karte festlegen. Versucht, eine einheitliche Schätzung von Zeit und Komplexität für alle Karten zu bestimmen. Teilt sehr umfangreiche oder anspruchsvolle Aufgaben auf mehrere Karten auf.

Wenn ein Zusagepunkt und ein Lieferpunkt feststehen, könnt ihr euch an die Arbeit machen. Stütze dich die ganze Zeit über auf dein Team, um Schwächen des Prozesses zu erkennen und zu verbessern. Vergiss nicht, dass Kanban fortlaufend auf allen Ebenen Führungsverhalten verlangt. Dieses Konzept nennt sich Kaizen. Wenn du die Kanban-Werte der aktiven Beteiligung von Mitarbeitern und der kontinuierlichen Verbesserung berücksichtigst, wirst du deine Arbeit in kürzester Zeit aufnehmen können.

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