Kundeninterview
Wenn ihr die Entscheidungsfindung für euer Produkt oder euren Service verbessern möchtet, wendet euch direkt an die Quelle: befragt eure Kunden.
ZWECK DIESES SPIELS
Ihr lernt die Anforderungen eurer Kunden besser kennen und erhaltet einen besseren Einblick, in welchem Kontext sie euer Produkt verwenden.
Dieses Spiel kann euch möglicherweise weiterhelfen, wenn dein Team Probleme in den Bereichen Gesundheitscheck hat.
, oder beim
Mitarbeiter
3

Vorbereitungszeit
90 Minuten

Zeit
90 Minuten

Schweregrad
Mittel
Durchführung
Die meisten Übungen kommen mit wenig (oder ganz ohne) Vorbereitung aus. Nicht so das Kundeninterview. Nimm die Vorbereitung ernst. So machst du viel mehr aus dem Interview – und das kommt letztlich deinen Kunden zugute.
Materialien
Diktier- oder Aufnahmegerät/-App
Notizbuch und Stift
Kamera
Laptop
Gedruckter Fragebogen
Videochatservice (optional)
Vorbereitung
WEIT GEFASST oder UMFASSEND?
Du möchtest generelle Nutzungsmuster untersuchen und dazu weit gefasstes Feedback des Kunden einholen? Plane in diesem Fall ein Interview mit offenem Ende und lass dich vom Gespräch leiten. Es geht dir um ein spezielles Thema? Mit dem Interview kannst du deine Annahmen über ein Feature (z. B. vom Projektposter) überprüfen. Du kannst auch mit Kunden, die ein Problem gemeldet haben, genauer über dieses Thema sprechen.
ZUSAMMENSTELLUNG DES INTERVIEWTEAMS
Die Teilnahme an einem Kundeninterview ist nicht auf bestimmte Teammitglieder begrenzt. Die Rolle des Interviewers übernimmt jedoch in der Regel der Product Owner, der Service Lead oder ein direkt involvierter Mitarbeiter (z. B. ein Entwickler, Designer, Servicebetreiber). Ein anderes Teammitglied fungiert als Protokollant und "Co-Pilot" für das Interview. Der Interviewer sollte nicht selbst versuchen, mitzuschreiben – er ist dann schnell abgelenkt und hört nicht aktiv zu.
Ein stiller Beobachter kann dafür sorgen, dass keine wichtigen Chancen verpasst werden. Er verfolgt das Gespräch aufmerksam und achtet auf Themen oder Verbindungen, die der Interviewer und der Protokollant vielleicht überhört haben.
AUSWAHL DES PASSENDEN KUNDEN FÜR DAS INTERVIEW
Dieser Punkt klingt einfach, sollte jedoch nicht zu schnell abgehandelt werden.
Wähle anhand der Ziele für das Interview gezielt Kunden aus, die einen Beitrag dazu leisten können. Innerhalb dieses Kontexts sollten verschiedene Kundentypen in einem ausgewogenen Verhältnis vertreten sein: Fans, Hater, Twitter-Trolle, Interessenten, die sich im letzten Moment anders entschieden haben, etc.
Befasse dich vor dem ersten Kontakt so genau wie möglich mit den ausgewählten Kunden und notiere dir einige Details als Referenz: Welche Produkte oder Services nutzt der Kunde? Wie lange ist er schon Kunde? Wie groß ist sein Team oder Unternehmen? Welches Feedback hat er bisher abgegeben?
Wenn du passende Kunden für das Interview gefunden hast, sende ihnen eine ansprechende Einladung, in denen du deine Ziele für das Interview, die geplante Dauer und einen Terminvorschlag nennst. Wenn der Kunde in deiner Nähe ist, biete ihm ein Interview in seinem Büro an. Das ist für ihn am einfachsten und du erhältst zusätzlich Informationen über die natürliche Umgebung des Kunden. Wenn ein Besuch beim Kunden nicht möglich ist, lade ihn stattdessen in dein Büro ein. Falls ihr euch nicht persönlich treffen könnt, vereinbart ein Video- oder Telefongespräch.
AUSARBEITUNG DES INTERVIEWSKRIPTS
Denke dir mindestens 20 mögliche Fragen aus. Wähle dann höchstens zehn davon für das Interview aus (bei einem einstündigen Termin). Streiche zuerst alle Fragen, die sich leicht mit "Ja" oder "Nein" beantworten lassen.
Deine Fragen sollten sich auf das aktuelle Verhalten konzentrieren, da dieses gute Anhaltspunkte für die Zukunft liefert. Achte jedoch auf sogenannte Bestätigungsfehler – hast du den Kunden in eine bestimmte Richtung gedrängt? Die Fragen sollten so gestaltet sein, dass die Ansichten des Kunden klar ersichtlich werden. Überlege dir einige leichte Einstiegsfragen für den Beginn des Interviews, mit denen du eine Beziehung zum Kunden aufbaust: Wie lange hat er seine Position bereits inne? Wie oft verwendet er dein Produkt oder deinen Service? Wie hat er davon gehört?
Nur der Kunde und du sollten die Details des Interviews kennen. Setze ggf. eine Vertraulichkeitsvereinbarung auf.
VORBEREITUNG AUF DAS INTERVIEW
Es ist so weit: Das Interview mit dem Kunden steht kurz bevor. Du hast die Fragen und die Notizen zum Kunden für alle Teilnehmer gedruckt. Dein Aufnahmegerät ist geladen. Du hast einige Werbegeschenke als Dankeschön für den Kunden reserviert, z. B. T-Shirts, Tassen oder Aufkleber. Der Interviewraum (wenn ihr euch in deinem Bürogebäude trefft) ist aufgeräumt und fördert eine entspannte Stimmung.
Vergewissere dich, dass die Mitglieder des Interviewteams ihre Rollen genau kennen, damit ihr reibungslos zusammenarbeiten könnt. Der Protokollant soll das Interview nicht leiten und die Beobachter sollen erst ganz am Ende Fragen stellen.

BEISPIEL
Hier findest du einige E-Mail-Vorlagen, die wir als Intervieweinladungen für Kunden verwenden.

Profitipp
Protokollanten können eine Confluence-Seite zum Festhalten von Notizen einrichten. Im Atlassian-Blog findest du Tipps zum Erstellen einer Seite für das Kundeninterview.
SCHRITT 1
Jetzt ist es Zeit für das eigentliche Interview. Die hier aufgeführten Schritte sind Vorschläge, die du frei an deine Anforderungen und deinen eigenen Stil anpassen kannst.
Begrüßung und Einführung (5 Minuten)
Begrüße den Kunden und danke ihm für sein Kommen (auch dies mag selbstverständlich klingen, wird aber leicht vergessen).
Frage, ob er mit der Aufzeichnung des Interviews einverstanden ist, damit du den Wortlaut nachvollziehen kannst, falls der Protokollant einmal den Faden verliert. Erkläre, dass die Aufnahme und das gesamte Interview nur für interne Zwecke bestimmt sind. Du gibst den Inhalt an dein Team weiter, behandelst ihn sonst aber vertraulich, d. h. es werden keine Zitate zu Werbezwecken verwendet.
SCHRITT 2
Einstiegsfragen (10 Minuten)
Beginne mit den leichten Einstiegsfragen aus deinem Interviewskript. Du legst damit die Grundlage, u. a. für die Beziehung zum Kunden. Achte auf Hinweise wie die Körpersprache und den Ton des Kunden: Fühlt er sich wohl? Ist er offen und ehrlich zu dir?
Schritt 3
Schwierigere Fragen (5 Minuten)
Fahre jetzt mit den konkreteren Fragen aus deinem Skript fort. Du musst dich aber nicht unbedingt an das Skript halten. Wenn der Kunde etwas Interessantes sagt, darfst du selbstverständlich nachfragen.
Du kannst in diesem Interviewabschnitt auch einfach ein lockeres Gespräch mit dem Kunden über das für dich relevante Thema führen. Folge einfach deiner Intuition – Hauptsache, du erhältst die gewünschten wertvollen Informationen für dein Team. Es kann schon sehr hilfreich sein, einfach die Problembereiche deines Kunden zu ermitteln. Die Fragen geben einen gewissen Rahmen vor und dienen als Orientierung, wenn du nicht weiterkommst.
Überprüfe im Verlauf des Interviews immer wieder deine Notizen. Versuche, das Gehörte in eigenen Worten zu wiederholen oder die Frage noch einmal anders zu formulieren, um dich zu vergewissern, dass du die Meinung des Kunden richtig erfasst hast.

Profitipp
Bitte den Kunden, dir zu zeigen, wie er das Produkt verwendet oder welchen Problemen er in seinem Arbeitsalltag begegnet. Zeichne zu Referenzzwecken Screenshots oder ein Video auf, die bzw. das du an dein Team weitergeben kannst.
Schritt 4
Fragen der Beobachter (10 Minuten)
Wenn Beobachter anwesend sind und weitere Fragen stellen möchten, haben sie nun Gelegenheit dazu.
Die Fragen sollten zu eingehenderem Nachdenken anregen. "Ist dieses Feature wichtig?" eignet sich nicht gut als Frage. Eine bessere Formulierung wäre "Warum ist dieses Feature nützlich?". "Was würde passieren, wenn es dieses Feature nicht mehr gäbe?" ist sogar noch besser. Dem Kunden wird dann entweder der wahre Nutzen des Features klar – oder er stellt fest, dass sich seine Arbeit nicht wesentlich verändern würde und das Feature vielleicht doch nicht so wichtig ist.
Schritt 5
Vertauschte Rollen (10 Minuten)
Kundeninterviews sind hilfreicher, wenn ein Dialog entsteht. Gib dem Kunden vor Ende des Interviews Gelegenheit, dir Fragen zu stellen.
Schritt 6
Abschluss (5 Minuten)
Danke dem Kunden für seine Zeit und bringe zum Ausdruck, dass er dir sehr geholfen hat.
Denke auch daran, die Werbegeschenke zu überreichen.
SCHRITT 7
Zusammenfassung der Erkenntnisse aus dem Interview (30 Minuten)
Rufe dein Team nach dem Interview kurz zusammen. Frage die Teammitglieder nach ihrem Eindruck: War das Feedback des Kunden nützlich, überraschend oder vielleicht widersprüchlich?
Ziehe jedoch noch keinen Schlussstrich unter das Interview. Denke noch einige Zeit darüber nach. Lasse die besprochenen Probleme und Verwendungszwecke auf dich wirken.
Um das Optimum aus Kundeninterviews herauszuholen, genügt es nicht, einfach die Kommentare des Kunden und deine eigenen Beobachtungen an den Rest deines Teams weiterzugeben. Du musst das Gehörte und Beobachtete zur Interpretation von Problemen verwenden. Frage immer nach dem "Warum". Wende dich nicht gleich einer Lösung zu (dazu neigen viele Kunden im Interview), sondern denke über das Verhalten der Kunden und dessen Ursache nach.
Stelle dann eine Verbindung zwischen den genannten Problemen und möglichen Chancen her. Suche nach Mustern, die sich in mehreren Interviews zeigen. Achte auch auf das Feedback von Kunden in Supporttickets, Benutzerforen oder sozialen Medien. Sammle Belege und Argumente zur Lösung der infolge des Interviews ermittelten Probleme.
(Weitere Informationen hierzu findest du in unserem Artikel zur Pyramide für Kundeninterviews.)
Lasse dir all dies noch einmal durch den Kopf gehen. Danach kannst du deine Schlüsse schriftlich festhalten.

BEISPIEL
Die Übung mit den fünf Warum-Fragen kann dir beim Interpretieren von Problemen helfen. Das Ergebnis sieht dann in etwa so aus wie hier.
Alles klar?
Denke daran, einen ausführlichen Gesundheitscheck oder einen Checkpoint mit deinem Team zu absolvieren, um euren Fortschritt zu überprüfen.
Nachbereitung
WEITERGABE DER ERKENNTNISSE
Das Kundeninterview interessiert wahrscheinlich viele deiner Kollegen und Vorgesetzten, behalte es also nicht für dich. Verfasse einen Artikel für den internen Blog. Halte eine Brownbag-Sitzung ab, in der du Trends aus mehreren Interviews vorstellst. Berichte im nächsten Meeting mit allen Mitarbeitern über das Interview.
Sorge auf jeden Fall dafür, dass deine wichtigen Erkenntnisse in das Backlog und in die Anforderungsdokumente oder Spezifikationen aufgenommen werden. Wenn du ganz raffiniert sein willst, lasse sie in deine täglichen Gespräche mit dem Team einfließen: "Oh, das klingt wie im Kundeninterview mit Hans Mustermann von der Mustermann AG!"
Du kannst vom Playbook nicht genug bekommen?
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